von Thomas Glaser
Eberbacher Flusspromenade
Die Eberbacher Flusspromenade führt von der Ittermündung bis zur Amalienpforte. Am Weg stehen neben einheimischen Bäumen auch einige exotische Baumarten.
Der erste Teil der Promenade bis zur Stadthalle ist parkartig angelegt geprägt von den Bäumen und den Denkmälern.
Diese Kunstwerke haben alle einen Bezug zu dem früheren, oft hartem Broterwerb der Bewohner in dem engen Flußtal. Durch die Enge des Tals und die steilen Berghänge fehlten Ackerflächen. Deshalb musste Getreide etc. zugekauft werden und dazu brauchte man Geld.
Hinzu kamen große Hochwasser: 1824 reichte der Neckar bis zum 2. Stock (Foto M. Hiller).
Hier finden Sie weitere Infos: https://www.eberbach.de/kultur-und-tourismus/sehen-erleben/stadtfuehrungen
Zum Beispiel "Die Rindenklopferin" - Brotverdienst unserer Vorfahren
Das Denkmal der Rindenklopferin, gefertigt von Gerald Hildenbrand, zeigt das Schälen von Eichenhölzern, deren Rinde aufgrund des enthaltenen Gerbsäuresafts in der Lohgerberei zum Gerben von Leder verwendet wurde. Das Rindenschälen wurde bis in die 50er Jahre als Teil der Hackwaldwirtschaft ausgeübt. Für einen kargen, aber lebensnotwendigen Lohn waren überwiegend Frauen damit beschäftigt, die Rinde von Eichen abzuklopfen und abzuschälen. Das Werk wurden von dem Eberbacher Steinbildhauher Gerald Hildenbrand gestaltet. Ein lokal bekannter Steinmetz und Inhaber einer Grabmal-Firma.
Brandrodungsfeldbau und Hackwaldwirtschaft im Odenwald
Eine untergegangene Form der Feld-Wald-Wirtschaft in den deutschen Mittelgebirgen Bereits an der Wende vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit reichten die landwirtschaftlichen Nutzflächen im Odenwald kaum mehr aus, um selbst die verhältnismäßig geringe Zahl seiner Bewohner ausreichend zu ernähren. Da in den einzelnen Gemeinden die Ackerflächen wegen des steilen Reliefs, dem Mangel an einer zusammenhängenden und ebenen Feldflur und der Besitzzersplitterung kaum noch erweitert werden konnten, erlangte im Odenwald die landwirtschaftliche Nebennutzung der ausgedehnten Wälder beträchtliche Bedeutung.
Sie vollzog sich in Form der sogenannten Hackwaldwirtschaft, einer Feld-Wald-Wechselwirtschaft, bei der durch Loszuteilung bzw. Versteigerung der Nutzungsberechtigung an die Bürger der auf den Flächen stockende Niederwald abgeholzt und die dadurch gewonnene Freifläche kurzfristig als Ackerland bestellt wurde, bevor man die Parzelle wieder verwalden ließ.
Hoher Nährstoffentzug auf den Hackwaldschlägen durch schnelle Generationenfolge, Vernichtung der Krautschicht, Erosion auf den ungeschützten Flächen, Streurechen für Einstreu und Verkauf der Holzasche als Dünger führen zur Degradierung des Bodens.
Hochwald = Niederwald <> Hackwald: Hochwälder mit 80-jährigem Umtrieb, Niederwald kleinere Bäume / Büsche -> Hackwald
Beharrungsdenken
Verbreitetes Beharrungsdenken und Traditionsverbundenheit der Bevölkerung bedingt Verharren in althergebrachter Wirtschaftsweise. Keine ausreichenden Weideflächen (Wiesenbewässerung und Drainage (Entwässerung) bis Mitte 19. Jh. weitgehend unbekannt - Das kannten schon Völker der Antike? Nur die Odenwälder nicht?
Der Steinhauer
Ein Knochenjob - für 56 Pfennig die Stunde. Um 1900 gab es in Eberbach und Umgebung 46 Steinbrüche mit 320 Arbeitern, diese mussten zum Teil eine einfache Wegstrecke von 8 - 12 Km zu ihren Arbeitsplätzen zurücklegen. Die Härte des Steinhauerberufs zeigte sich auch in der durchschnittlichen
Lebenserwartung von nur 40-45 Jahren. Die häufigste Todesursache war die sogenannte „Staublunge“. Silikose wird auch als Bergmannslunge oder eben Steighauerlunge genannt.
Das Reifschneider-Denkmal
Ein vergessenes Handwerk An den ausgestorbenen Beruf des Reifschneiders erinnert die Bronzestatue des Reifschneiders, gefertigt von
Gerald Hildenbrand. Aus Haselnusssträuchern, oder seltener auch aus Birke oder Linde, wurden hölzerne Fassreifen hergestellt. Diese wurden ohne Verwendung von Nägeln auf das Fass aufgezogen und kamen dort zum Einsatz, wo Eisen nicht verwendet werden konnte.
Das Treidler-Denkmal
Antriebskraft Mensch: Das Treidler-Denkmal, gefertigt von Waldemar Schröder, zeigt die kräftezehrende Arbeit der Schiffszieher. Treideln bezeichnet
die Tätigkeit des Schiffziehens auf Flüssen durch Menschen oder Zugtiere. Beim Treideln wurden die Schiffe in der Regel stromaufwärts
gezogen und stromabwärts durch die Strömung oder den Wind angetrieben.
Pulverturm
Erst 1548/1549 taucht der Pulverturm in Urkunden auf, wenngleich sein Unterbau ebenfalls im 13. Jahrhundert errichtet worden sein muss. Anfangs hieß er Mantelturm, wegen seiner mantelartigen Form. 1676 dann kommt der Name „Pulverturm“ auf, schon damals Umgangssprache für einen Hort des Geldes.
Das Thalheim\`sche Haus
Das Thalheim\`sche Haus, erstmals erwähnt 1421, ist das älteste Haus der Stadt und war ursprünglich ein adliges Wohngebäude. Sein Mauerwerk stammt größtenteils aus dem frühen 15. Jahrhundert. Es war Sitz des kurpfälzischen Amtskellers, dann Leiningen’sches Jagdhaus, später Amtsgericht und Rathaus. Heute hat der Naturpark Neckartal-Odenwald hier seinen Sitz.
Als Besitztum der Fürsten von Leiningen wurde es offenbar während des Umbaus des Palais‘ in Amorbach 1818/19 von Herzog Eduard von Kent und seiner Gemahlin Marie Luise Viktoria, der verwitweten Fürstin von Leiningen genutzt. Diese waren die Eltern der späteren Königin Viktoria I. von England, die zwischen 1819 und 1901 gelebt hat Heute beherbergt das Gebäude das Informationszentrum des Naturparks Neckartal-Odenwald: Die Besucher werden herangeführt an die natürlichen Grundlagen der Landschaft, werden vertraut gemacht mit der Kultur- und Landschaftsgeschichte des Raumes und aufgefordert, sich am Erkennen von Zusammenhängen und ökologischen Wechselbeziehungen zu beteiligen.
Altes Badhaus
Vermutlich befand sich bereits im frühen 14. Jahrhundert an der Stelle des jetzigen Gebäudes ein Badhaus. Nach dem Stadtbrand von 1340 wurde das Badhaus erneuert. Aus jener Zeit stammen die ältesten Bauteile des Gebäudes, die Buckel-Eckquader in der Badstube. Aus der Zeit der Gotik stammt ein dreischiffiges Kreuzgratgewölbe im Untergeschoss. In den Baumeisterrechnungen der Stadt Eberbach wird das Badhaus 1468 erstmals erwähnt, als an den beiden massiven Hauptgeschossen umfangreiche Umbauten vorgenommen wurden. Ein Bader ist 1480 urkundlich belegt und hatte auch seine Wohnung im Badhaus.
Nachdem das Gebäude 1525 instand gesetzt worden war, trug es beim Jahrhunderthochwasser des Neckars 1529 bereits wieder größere Schäden davon. 1598 wurde erstmals eine an den Badebetrieb angeschlossene Küche erwähnt. 1607 wurde das Haus erneut umfangreich saniert, weswegen der Bader drei Monate lang ausquartiert war. Im Dreißigjährigen Krieg kam der Badebetrieb von 1631 bis 1634 zum Erliegen. Bereits 1636 führte man umfangreiche Reparaturen am Gebäude aus.
Ab 1651 war Mathes Mäurer Bader und Wundarzt, der 1656 auch Wirt des Gasthauses Löwen war. Das Gebäude war bereits 1659 wieder so baufällig, dass der Badebetrieb erneut ruhen musste. Ab 1670 erfuhr das Badwesen in Eberbach einen raschen Niedergang. 1683/84 stellte das Oberamt Mosbach einen Arzt ein, der auch für Eberbach zuständig war. Umgehend beklagte Bader Mäurer im Jahr 1684, dass er sich „säuerlich, mit anhandnehmung allerhand anderer handarbeit“ ernähren müsse.
Als es 1708 zu Auseinandersetzungen bei der Kirchenteilung in der Kurpfalz kam, wurde dem reformierten Lehrer des Ortes eine Wohnung im Badhaus zugewiesen, gleichzeitig endete die Nutzung als Badhaus. 1711 wurde das Gebäude an den katholischen Lehrer Hess verkauft und nachfolgend zu Wohnzwecken genutzt. Im Jahr 1784 kam es erneut zu Schäden durch Hochwasser, wovon noch heute eine Hochwassermarke kündet. 1834 lebten 23 Personen im Alten Badhaus, das um jene Zeit um zwei auf der Stadtmauer ruhende Anbauten zum Lindenplatz hin erweitert wurde. 1864 hat man das Gebäude aufgestockt.
1952 empfahl das Bezirksbauamt in Heidelberg den Abriss des Hauses, der jedoch nicht durchgeführt wurde. Im Gewölbe war damals eine Bügel- und Heißmangelstube eingerichtet, später diente das Gewölbe als Lagerraum für den Wochenmarkt auf dem Lindenplatz.
1976 kam das Gebäude nach zersplitterten Besitzverhältnissen vollständig in den Besitz der Stadt Eberbach. Im Folgejahr führte das Landesdenkmalamt Grabungen in der Badstube durch, anschließend wurde das Gebäude umfassend renoviert. Private Besitzer eröffneten 1979 das Hotelrestaurant Altes Badhaus in dem Gebäude, das danach zwei weitere Besitzerwechsel und eine nochmalige Totalrenovierung durchlief, bevor am 10. November 1987 wieder ein Hotel- und Gaststättenbetrieb seine Tore öffnete. Im Folgejahr wurde ein Gästehaus angebaut, nach der Umgestaltung des Lindenplatzes 1989 kam noch eine Freiterrasse dazu. Ein erneutes Neckarhochwasser im Februar 1990 zog eine weitere Renovierung des Gebäudes nach sich.
Sgraffito
Der Begriff Sgraffito (Plural: Sgraffiti) ist vom italienischen Verb sgraffiare oder graffiare, deutsch kratzen, abgeleitet.\[1\] Es handelt sich um eine Dekorationstechnik zur Bearbeitung von Wandflächen. Nach der Auflage verschiedenfarbiger Putzschichten werden Teile der oberen Putzschicht abgekratzt und Teile der darunterliegenden Putzschicht freigelegt, sodass durch den Farbkontrast ein Bild erzeugt wird.\[2\] Die Technik wurde besonders im Italien und Böhmen des 16. Jahrhunderts benutzt, findet aber bis in die heutige Zeit Verwendung durch Stuckateurhandwerker. Sgraffito wird daher zu den Stucktechniken gezählt. Analog dazu werden auch bestimmte „Kratztechniken“ bei anderen Farbauftragsarten als Sgraffito bezeichnet (z. B. in der Aquarellistik).
Man findet sie an mehreren Häusern der Altstadt. An der Vorderfront des Hotels „Karpfen“ am Alten Markt ist die Geschichte Eberbachs in 14
Bildern festgehalten, die von dem Eberbacher Künstler Richard Hemberger im Jahre 1934 geschaffen wurden. Weitere Sgraffito-Malereien
befinden sich am ältesten Wirtshaus von Eberbach, dem Gasthaus „Krabbenstein“. Hier wurden u.a. alte Eberbacher Berufe verewigt.
Eine große Rolle spielte die Sgraffitotechnik Jahrzehnte hindurch während der Renaissance in Italien. Im 16. Jahrhundert wurde sie von den Renaissancebaumeistern nach Deutschland und Österreich gebracht und von den gestaltenden Handwerkern mit Begeisterung aufgenommen
Eine dem Sgraffito ähnliche Technik ist der in Hessen und Umgebung verbreitete Hessische Kratzputz, bei dem zwar auch an einer Putzschicht gekratzt wird, zu dem aber einige Unterschiede bestehen.
Der Hof
Altes Fachwerk
Zu beiden Seiten des spätromanischen Bettendorf ́schen Tores erheben sich zwei der schönsten und ältesten Fachwerkhäuser Eberbachs:
Das Bettendorf ́sche Haus, ehemalig kaiserliches Stadtschloss und späterer Adelssitz „der Hof” sowie gegenüber das Weckersche Haus, die soge-
nannte „Kaserne”. Ihre jetzige Gestalt erhielten beide Gebäude um das Jahr 1500. In unmittelbarer Nähe befindet sich das Küfereimuseum.
Blauer Hut Stadtturm für Bösewichte
Der kleinste und niedere Eckturm der vier Stadttürme. Er hat seinen jüngste Namen und von der mit blau-schwarzem Schiefer gedeckten Dachhaube.
Im Stockwerk darunter lag die „Betzenkammer”, das städtische Arrestlokal.
Stadtgeschichte
Als 2027 das Jubiläum 800 Jahre Stadt Eberbach gefeiert wurde, so bezog man sich auf ein angenommenes Datum der staufischen Stadtgründung. Für Eberbach ist es das Jahr 1227. Da wurde die Burg Eberbach zusammen mit der Stadt Wimpfen vom Bischof von Worms dem Stauferkönig Heinrich VII. als Lehen gegeben. Erst 1734 wurde dieses Ereignis von Johann Friedrich Schannat in einer Schrift überliefert, dem Geschichtsschreiber des Bistums Mainz.
Der Name Eberbach ist älter als die Zeit der Stadtgründung. Wie der Name dereinst aufgekommen ist, bleibt Spekulation. Mit der Lage an Bach oder Fluss und dem Wildreichtum der Gegend dürfte er sicher zusammenhängen. Schriftliche Belege des Namens Eberbach gibt es erst im 12. Jahrhundert.
In einer pfalzgräflichen Urkunde von 1196 bereits werden die Grafen von Lauffen erwähnt. Einer von ihnen, „Cunradus“ (Konrad), bezeichnete sich als „comes de Eberbach“ (Graf von Eberbach). Auch die Dienstleute auf der Burg, die sich seinerzeit im Umbau befand, nannten sich im 13. Jahrhundert ebenfalls nach „Eberbach“.
Es gibt keine Urkunde, in der Eberbach formal die Stadtrechte verliehen wurden. Solche Staatsakte finden sich eher in der heutigen Zeit. Im Mittelalter war das Werden einer Stadt eine Entwicklung über äußere bauliche Merkmale bis hin zur Verleihung bestimmter einzelner Rechte wie etwa das Marktrecht. Es wird angenommen, dass es zuerst unterhalb der Burg Eberbach einen dazugehörenden hochwassersicheren Weiler gab, der sich am Scheuerberg, rund um das heutige Gässel, befunden hat. Von einer richtigen Stadt konnte hier jedoch keine Rede sein.
Eberbachs Altstadt in ihrer jetzigen Struktur gibt es nicht ohne den Stauferkönig Heinrich. Unter ihm bildete sich wenige Jahre nach seiner Besitznahme der Burg das neue Eberbach am Neckar, das zur befestigten Stadt wurde. 1231 weilte König Heinrich nachweislich bei Eberbach, wie Historiker Schwarzmaier berichtet.
1241 wird im Reichssteuerverzeichnis vom Bau der Stadtmauer berichtet, weswegen Eberbach die Reichssteuer erlassen worden war. Das Vorhaben dokumentiert die Stadtwerdung unmittelbar im zeitlichen Zusammenhang mit dem Auftreten des Burgherrn König Heinrich (VII.). So wurde das gebaut, was man heute „Stauferstadt“ nennt. Die damalige Stadt entspricht dem heutigen Geviert der Altstadt, deren heute noch stehende Stadttürme erst später errichtet wurden.
Die Stadtmauer aus dieser Zeit ist heute in weiten Abschnitten noch erhalten. Die Neckarfront zeigt sich heute noch in ihren seinerzeitigen Grundzügen. Beim Blauen Hut befinden sich heute noch „gebuckelte Sandsteinquader“ von damals. Der Pulverturm weist auf die spätgotische Zeit vom 14. bis 16. Jahrhundert hin. Der Haspelturm dürfte nach dem Stadtbrand von 1340 gebaut worden sein. er Rosenturm wird auch neueren Datums angenommen.
1305 führte Eberbach ein eigenes Siegel, ebenfalls das Attribut einer Stadt. Innerhalb der Stadtmauern entwickelte sich ein Adelsviertel, angelegt auf der Line Pfarrhof/Pfarrgasse zum Thalheim’schen aus. Beim Bettendorff’schen Tor war der heute noch sichtbare Eingang für den Burgkönig und seine unmittelbaren Gefolgsleute. Über 800 Jahre hat sich der Name „Hof“ für das dortige Gelände in Verbindung mit dem Königshof gehalten. Die Arkaden der Eberbacher Mittelburg zeigen große Ähnlichkeit mit denen der Kaiserpfalz in Bad Wimpfen.
Michaelskirche
Die ersten Planungen für einen Kirchenneubau datieren 1822. Die vorherige kleine Reformierte Kirche von 1426 am Oberen Tor war marode. 1634 wurde sie von kaiserlichen Truppen heimgesucht, 1688 hatten französische Truppen sogar das Blei aus den Kirchenfenstern gekratzt und mitgenommen. Zwei größere Hochwasser, 1784 und 1789 kamen hinzu. Die Kirche war schummerig und marode, die Einrichtung wackelig. Es sei „lebensgefährlich, wenn man Gottes Wort in der Kirche hören muss.“
1822 beantragte der Kirchengemeinderat einen Neubau beim Badischen Ministerium des Innern, Evangelische Kirchensektion. Der Staat war ja seinerzeit für die Kirche „baupflichtig“. Die badische Regierung reagierte prompt - und ablehnend: Man sei „nicht im Stande, die laufenden Ausgaben zu bestreiten.“ Es müssten „bessere Zeiten abgewartet“ werden.
Das bis heute höchste Neckar-Hochwasser 1824 gab der Kirche den Rest. Die Fenster zerbrachen, die Wände waren von „Kot und Schlamm überzogen.“ Jetzt zerfiel die Kirche immer mehr. Dach- und Deckenbalken stürzten herab. Als die Stadtgemeinde 1828 dann auch noch den an die Kirche angelehnten Obertorturm abriss, wurde der „gefahrvolle Zustand der Kirche so groß“, dass man die Kirche „ohne Bedenken nur noch ein halbes Jahr besuchen könne.“
Als nun die Badische Landesregierung entschied, die Kirche „neu aufbauen zu lassen“, kam es zum Streit, wo sie denn zu errichten sei. Drei Örtlichkeiten wurden debattiert. Den Bauplatz hatte die Stadt zu stellen. Die wollte auf einem Garten vor dem Unteren Tor bauen lassen, also am Ende der Kellereistraße Richtung Neckar. Die badische Kirchenbehörde hingegen favorisierte Grundstücke oberhalb des jetzigen Neuen Marktes, an den Scheuerberg gelehnt. Die Kirchengemeinde sah darin jedoch eine „unersteigliche Höhe des Platzes.“ In einer Abstimmung sprachen sich 289 zu 83 Eberbacher für einen Neubau am Platz der alten Kirche aus.
Noch einmal sperrte sich die evangelische Innenbehörde: Der Kirchenbau sei „wegen des schlechten Cassenstandes aufzuschieben.“ Es krachte gehörig im Gebälk. Der Kirchengemeinderat beschloss, das alte Gotteshaus zu schließen und die von den Katholiken angebotene Kirche mitzunutzen. Diese ökumenische Liebelei wiederum war der evangelischen Kirchenbehörde in Karlsruhe zu viel. 1834 wurde die Genehmigung zum Abriss der verfallenden Kirche erteilt. Die kleine Betglocke kam in einem provisorischen Glockenhäuschen auf einer Scheune unter - am Scheuerberg. Hirschwirt Bussemer am Neuen Markt bewahrte die anderen Glocken auf und die Orgel.
1835 ging es los mit den Bauarbeiten. Die Stadt stellte den inzwischen erweiterten Bauplatz zur Verfügung, das heutige Kirchengelände. Gestiftet wurden noch 100 Klafter Eichenholz aus dem Stadtwald. Die brauchte man auch. Schließlich zeigen aktuelle Bauvorhaben, wie tief man im Eberbacher Altstadtboden ein Fundament gründen muss. Auch die Neckar-Hochwasser waren zu berücksichtigen. Die hohe Eingangstreppe der Michaelskirche ist der Höhe der Jahrtausendflut von 1824 geschuldet.
Während der Bauzeit feierten die Protestanten ihre Gottesdienste bei den Katholiken. Stadt und Land zelebrierten am 29. August 1836 die Grundsteinlegung. Der Festakt wurde auf den 46. Geburtstag des badischen Großherzogs Leopold gelegt. Patronatsherr Fürst Emich Carl von Leiningen beorderte eine Delegation. Alle Eberbacher Schüler marschierten auf, der Singverein schickte ein Loblied zum verregneten Himmel, es wurden 600 Brezeln verteilt. Im „Grünen Baum“ speisten mittags die Ehrengäste, abends wurde dort getanzt. Die Bauleute vertilgten „100 Maass Wein, 15 Pfund Käse und 40 Laib Brot“. Der Grundstein liegt 1,5 Meter versteckt unter dem Haupteingang. Eingehauen: „Zur Ehre Gottes. 1836“.
Schnell ging es jetzt nicht mehr weiter. Dabei folgte der Grundsteinlegung ein milder Winter - ohne Kurzarbeit für die eingesetzten 23 Maurer, 17 Steinmetze und 14 Taglöhner. Es klemmte bei der Zulieferung der Sandsteine. Erst am 15. Dezember 1837 wurde das Richtfest gefeiert. Danach folgen noch weitere drei Jahre unvollendeter Evangelischer Stadtkirche. Denn jetzt ging es um die Feinheiten - Ausstattung innen und außen, Kirchenstühle, Kanzel, Altar, Orgel. Nur der „Fürstenstuhl“ für von Leiningen blieb unumstritten.
Selbst über die Inschriften an den Eingangsportalen gab es Diskussionen in der Stadt und Schriftverkehr mit den badischen Kirchenbeamten. „Unser Vater“ - links, „Zu uns komme Dein Reich“ - Mitte, „Amen“ – rechts, so wollte es der Dekan. „Gott allein die Ehre“ - Nur Mitte, so legte es die Behörde fest. Gestritten wurde auf allen Ebenen - über Säulen am inneren Eingang, über die Kosten der Vergoldung von „Knopf und Hahn“ auf dem Kirchturm, über eine zusätzliche große Glocke. Die Stadtgemeinde brauchte eine „Feuerwacht“ mit einem Ausguck im Turm. Dafür wollte sie die große Glocke zahlen - für den Feueralarm. Das Vorhaben wurde vom Innenministerium abgelehnt.
So verging die Zeit. Kirchenbaumeister Wundt war arbeitsüberlastet und konnte die Plane für Gestühl, Kanzel und Altar nicht rechtzeitig beibringen. Der Orgelbaumeister starb mitten in der Arbeit. Die Kirche schien eine ewige Baustelle zu werden. Die Gemeinde wurde immer ungeduldiger. Da kam der Fingerzeig aus dem Ministerium: Die Einweihung wurde auf den 16. August 1840 angeordnet. Die Feier war schon vorbereitet, die Stadt in Vorfreude. Es fehlte allerdings noch die Orgel. Das hatte das Ministerium übersehen. Und so sagte man die geplante Einweihung kurzfristig wieder ab. Im Oktober des Jahres erst brachte Schiffer Seib das große Instrumentarium aus Heidelberg auf dem Neckar nach Eberbach. Jetzt sollte das Werk vollbracht werden, das 80 000 Gulden gekostet hat.
Bei der Einweihung der Kirche am 16. Mai 1841 feierte ganz Eberbach, jetzt bei herrlichem Frühlingswetter. Offiziell waren alle ein Herz und eine Seele. „Beide christliche Confessionen“ freuten sich über den massigen Steinbau. So die Sicht der Protestanten, in der alten evangelischen Altarbibel dokumentiert. Die Stadt war mit Laub, Birken, „Guirlanden und Fahnen sinnvoll gezieret“. Die Schuljugend der Dörfer aus dem Kirchenbezirk - Rockenau, Wimmersbach, Pleutersbach, Igelsbach, Unterdielbach - und aus Eberbach eröffnete den Festzug.
Evangelische und selbst katholische Geistliche marschierten mit. Katholische Schützen sorgten für Ordnung vor der Kirche. Freudenschüsse „hallten in den Bergen und Thälern wider“. „Die ganze Stadt bewegte die Freude“. Zumindest in der Bevölkerung war alles vergessen, was die langen Jahre des Kirchbaus, von 1835 bis 1841, ausgemacht hatte. Ganz Eberbach war so bewegt, „daß es zweifelhaft schien, ob eine katholische oder evangelische Kirche eingeweiht werden sollte“.
Es war die Muttergottes und nicht St. Michael
Der Name Michaelskirche geht von falschen stadthistorischen Voraussetzungen aus - Vorläufer waren zwei Marienkapellen
In der Stadt befand sich die Marienkapelle, keine nach dem St.Michael benannte Kirche. Das hat ein Stadthistoriker um 1900 verwechselt. Aufgrund dieser wurde die früher einfach "Ev. Stadtkirche" genannt. 1975 wurde sie in Mihaelskirche umbenannt.
Katholische Kirche St. Johannes Nepomuk
Erbaut 1884 - 1887 in italienischem Renaissance-Stil, ist die dreischiffige Kirche das monumentale Wahrzeichen Eberbachs. Sie ist nach den Grundgedanken der erneuerten Liturgie im Innern geordnet und mit einer originellen Taufkapelle und einem schmuckvollen Tabernakel ausgestattet.
Über den Seiteneingang ist jederzeit ein barierrefreier Zutritt möglich.
Kuckucke
Die Eberbacher würde man vielleicht noch heute mit dem Namen „Kuckucke“ oder „Kuckucksfresser“ bespötteln, hätte man nicht 1929 den Spieß umgedreht und sich für das eigene große Volksfest den Namen „Kuckucksmarkt“ ausgesucht. Bei so viel Selbstironie blieb kaum noch Gelegenheit für einen Spott-Namen.
Dabei hatte der Begriff „Kuckucksfresser“ durchaus seine Berechtigung. Wenngleich auch nur für den Eberbacher Küfer Martin am Endt. Dem war am Pfingstsonntag 1604 in Lenhard Schäfers „Neckarwimmerspacher“ Wirtshaus statt einer schmackhaften Taube wohl ein gebratener Kuckuck vorgesetzt worden. Martin am Endt beschimpfte daraufhin den Wirt so sehr, dass dieser vor das Eberbacher Stadtgericht zog.
Inzwischen wissen wir: Das hätte Wirt Schäfer besser nicht getan, seine Klage wurde später zum Bumerang. Denn Gast Martin am Endt aus Eberbach fühlte sich blamiert, getäuscht, beleidigt, verspottet. Ein Kuckuck war damals Gegenstand abergläubischer und spukhafter Vorstellungen, wurde vielfach sogar als verhexter Mensch gesehen. Und so etwas wurde ihm in der gemütlichen morgendlichen Männerrunde vorgesetzt.
Diese drei spielen in der ganzen Kuckucks-Geschichte die Hauptrollen:
- Wirt Lenhard Schäfer,
- Gast Martin am Endt und
- Anstifter Chirurgus Hans Mantel.
Bestellt wurde das böse Mahl von Chirurgus Hans Mantel, der sich offenbar einen üblen Scherz erlaubte und mit dem Wirt unter einer Decke steckte.
Mantel hatte nämlich höchstselbst dem Vogel mit einer Stecknadel das Hirn durchstochen, ihn für zwei Pfennig von einem Knaben rupfen lassen und der Wirtin zum Braten gebracht. Mantel war es auch, der Martin an seinem Tisch zum Verzehr des angeblich köstlichen Bratens eingeladen hatte.
Als Martin am Endt das dicke Tier aufgegessen hatte, fragte ihn Wirt Lenhard Schäfer listig, ob er denn wisse, was er soeben verspeist habe. „Kuckuck, Kuckuck“, hallte der Hinweis aus der Runde. Das war Martin zu viel. „Dieb“, „Schelm“ warf er dem Wirt vor.
Heute würde man über eine solche Beschimpfung hinwegsehen. Aber es war genug für die damalige Zeit, den Beleidiger vor Gericht zu zerren. Ein Wirt zählte schließlich zur „Ehrbarkeit“, einer gehobenen Gesellschaftsschicht, die sich nicht alles gefallen lassen wollte. Lenhard Schäfer fürchtete um seinen guten Ruf. Er klagte wegen übler Nachrede, Ehrabschneidung.
Das zuerst angerufene Eberbacher Stadtgericht bemühte sich um Zeugenvernehmungen, die teilweise in Amtshilfe vom Hirschhorner Stadtschreiber durchgeführt wurden. Vor Gericht ging es hin und her. Aber, das Stadtgericht hat wohl kein Urteil gefällt. Zwar steht in seinen Akten unter dem Datum 10. September 1604, dass beim nächsten Gerichtstag ein Urteil ergehen würde. Aber es liegt keines vor.
So hatten die Eberbacher zuletzt viele, viele Jahrzehnte keine Kenntnis, wie damals der Streit um das berüchtigte Kuckucksmahl in Neckarwimmersbach ausgegangen ist.
Diese stadtgeschichtliche Lücke würde heute noch bestehen, hätte nicht der Eberbacher Stadtarchivar Dr. Rüdiger Lenz 2004 in den im Stadtarchiv zugänglichen Beständen des Badischen Generallandesarchivs recherchiert. Und dabei das Urteil des Eberbacher Zentgerichts vom 8. Januar 1605 in dieser Streitsache gefunden. Dieses Gericht war die höhere Instanz der Kurpfälzer Gerichtsbarkeit.
Bis heute bleibt es ein Rätsel, warum das Stadtgericht zwar den Prozess eröffnet und geführt hatte, aber womöglich nicht zu einem Abschluss kam. Es bleibt offen, warum ein Urteil des Stadtgerichtes heute in den städtischen Archivalien nicht mehr nachweisbar ist, obwohl es laut den Gerichtsakten schon angesetzt war ("Diess Urtheil ist reservirt bis zu andern Gerichtstag"). Entweder ist letztlich keines ergangen, oder das Zentgericht hat den Fall wegen der besondere Bedeutung an sich gezogen.
Unwahrscheinlich ist allerdings, dass Kläger oder Beklagter im Sinne einer Berufung ans Zentgericht gegangen sind, weil es einen solchen, heute üblichen Instanzenzug damals noch nicht gab..
Wahrscheinlicher ist also, dass man im Rahmen der Beweisaufnahmen erkannt hat, dass der Prozessgegenstand von seiner Bedeutung her in die höhere Instanz des Zentgerichts gehörte. Wer den Gang zum höheren Gericht veranlasst hat, ist nicht überliefert. Das könnte von Schöffen des Stadtgerichtes in Gang gesetzt worden sein, von denen vier auch dem Zentgericht angehörten. Aber auch die Prozessbeteiligten könnten auf den Wechsel zum höheren Gericht bestanden haben.
Für einen der Prozessbeteiligten war der Gang zum Zentgericht jedenfalls ein Glücksfall. Denn auch Gast Martin am Endt hatte allen Grund zur Klage, besser: zur Gegenklage. Martin, dem der Prozess vor dem Stadtgericht schon so einiges gekostet hatte, drehte vor dem Zentgericht den Spieß um und beschuldigte Schäfer, weil er ihm einen falschen Vogel vorgesetzt hatte. Die Beweislage wurde im Laufe des Verfahrens immer klarer: Es war ein Kuckuck und keine Taube.
Aus dem Kläger wurde bald der Beklagte und umgekehrt. Der "erbare Zent- und Landrichter allhie zu Eberbach" beendete danach den Streit mit einem Paukenschlag. Von wegen, Klage des Wirtes gegen den Gast - der Zentrichter rückte die Maßstäbe zurecht und kehrte die wahre Ursache des Streites heraus.
Der zuerst beklagte Martin am Endt als Gast aus Eberbach musste sich zwar sagen lassen, dass er mit seinen Schmähungen gegen den Wimmersbacher Wirt Schäfer etwas zu weit gegangen sei. Es gab für ihn einen Denkzettel von einem Pfund Heller, das Strafmaß für "kleinen Frevel". Nicht gerade eine hohe Summe. Dafür aber, dass Lenhard Schäfer an jenem Pfingstsonntag 1604 in seinem Wirtshaus dem Eberbacher Martin am Endt einen Kuckuck gebraten hatte, gab es sprichwörtlich die Höchststrafe, die das Zentgericht für solche Fälle aussprechen konnte.
Lenhard Schäfer musste "wegen großem Frevel" 32 Pfund Heller\* zahlen. Darüber hinaus hatte er sogar noch 15 Pfund Heller\* an Martin am Endt als Wiedergutmachung zu leisten, weil er "Schimpff und Spott" über diesen ausgebreitet habe. Der Wirt zahlte als insgesamt 47 Pfund Heller, der betrogene Gast 1 Heller.
Über die Gerichtskosten kam es zu einem Vergleich. Den beiden Streitparteien wurde nicht die Ehre abgesprochen. Für Wirt Schäfer wenigstens ein Teilerfolg, denn dadurch konnte er noch Geschäfte mit der Stadt machen.
Besonders gut weggekommen ist der eigentliche Anstifter des Geschehens im Wimmersbacher Wirtshaus: Hans Mantel wurde vom Gericht nicht belangt, geschweige denn im bekannten Teil der richterlichen Entscheidung überhaupt erwähnt. Entschieden zu viel der Ehre wurde ihm zuteil, als die Stadt einer Gasse in Neckarwimmersbach den Namen „Dr.-Mantel-Weg“ verordnete. Erstens war Mantel schließlich verantwortlich, dass die Eberbacher zu „Kuckucksfressern“ wurden. Und zweitens hatte der Chirurgus auch keinen Doktor-Titel. Falsche Titel-Führung kann man das Straßenschild heute nennen.
Kuckucksmarkt
Vom 4. bis 6. Oktober 1929 wurde der erste Kuckucksmarkt veranstaltet. Mit dem neuen Fest sollte der neue Aufschwung für die Stadt beginnen. Denn Eberbach hatte 1924 das Badische Bezirksamt verloren und war in der regionalen Bedeutung nach unten gerutscht. Mit dem Jahrmarkt erhoffte man sich eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung, Impulse für Handel und Fremdenverkehr. Gleich zur ersten Veranstaltung gab einen Vergnügungspark, Ausstellungen von Gewerbe und Landwirtschaft, auch einen Viehmarkt.
Bei aller „Sympathie der Landesregierung“ für Eberbach im Gründungsjahr: So einfach konnte man im badischen Musterländle keinen Markt ins Leben rufen. Die Eberbacher bezogen sich deshalb auf ein altes Marktrecht aus der Kurpfälzer Zeit. Landesherr Pfalzgraf und Kurfürst Ruprecht II. hatte der Neckarstadt 1394, also vor jetzt über 620 Jahren, einen jährlichen Markt erlaubt, zum Sankt-Ägidius-Tag am 1. September. „Zum Nutzen der Stadt und des Landes“, wie Stadtarchivar Rüdiger Lenz heute in den historischen Unterlagen nachlesen kann.
Eberbach war im 14. Jahrhundert noch ein bedeutendes Gemeinwesen, hatte den Sitz einer pfälzischen Vogtei. An den Markttagen hatte jedermann Zutritt zur Stadt, freies Geleit drei Tage vor und nach dem Markttag - „Diebe und Mörder ausgenommen“.
Der gewünschte Eberbacher Jahrmarkt wurde also von der badischen Verwaltung genehmigt. Die Geschichte vom gerichtsnotorischen Kuckucksmahl von 1604 in Neckarwimmersbach bildete den Hintergrund der Namenswahl. Da hatten sich die Eberbacher den Spott-Namen „Kuckucksfresser“ eingefangen. Die Eingebung mit dem „Kuckuck“ hatte der Verkehrsverein, der Vorläufer des heutigen Bürger- und Heimatvereins. Durch diese Selbstironie war gleich die fremde Häme an den Eberbachern vergangen.