Es gibt eine neue Zeitrechnung: vor und nach Corona. Und es gibt die Generation Z. Sie engagiert sich vor allem für den Kampf gegen den Klimawandel.
Und das, obwohl sie nicht Verursacher - und meist nicht einmal Nutznießer sind. Das waren wir: die Menschen der ersten Klimakrise-Generation.
Die Weltbevölkerung stieg seit dem Beginn der Industrialisierung von ca. 1,25 Mrd. Menschen auf 8 Mrd. heute. Davor gab es ziemlich kontinuierlich unter 1 Mrd. Menschen auf der Welt.
Mit den Folgen dieser drastischen industriellen Revolution ab 1850 haben wir heute zu kämpfen. Doch man kann etwas tun - durch eigenes Handeln:
Einkaufen nicht bei amazon oder temu, zahlen nicht über paypal, googeln nicht über google, "kommunizieren" nicht über social media. Hinter diesen Konzernen stecken Tech-Milliardäre, die weltweit den größten Anteil an Klimakrise, sozialer Vereinsamung und Müllbergen tragen.
Statt dessen können alle sich in commons engagieren: das sind Gemeinschaftsprojekte. Sie leben vom Mitmachen und sorgen für bessere Bedingungen in bezug auf Umwelt und soziales Leben.
Auch die Verarmung ist ein akutes Problem unserer Zeit - in einer der einstmals führenden Industrienationen.
Klimawandel ist das Hauptschlagwort, wenn wir Älteren uns Vorwürfe der anhören. Doch es geht nicht nur ums Klima, es geht auch - und vor allem - um Gesundheit. Während alle Welt mit dem Begriff "Gesundheit & Wellness" vor allem die Silbergeneration verbindet, gilt es zu fragen, wie es um die Gesundheit der jüngeren Generation bestellt ist. Sowohl psychisch als auch körperlich stehen junge Menschen unter Druck. Es kommt nicht von ungefähr, daß man ständig von "work-life-balance" hört sowie von Fluchten unterschiedlichen Charakters. Flucht in Vereinsamung, Flucht in Süchte, Flucht in Extrem-Körperkult. Die moderne Arbeitswelt junger Menschen unterscheidet sich von derjenigen der älteren Generationen.
Der Neoliberalismus, seit Reagan (USA) und Thatcher (GB) weltweit im Vormarsch, fand auch in der BRD einen Anhänger: Gerhard Schröder (Bundeskanzler, SPD!) sagte 2003 in seinem Reformprogramm Agenda 2010: "Wir werden Leistungen des Staates kürzen, Eigenverantwortung fordern und mehr Eigenleistung von jedem einzelnen abfordern müssen." - Siehe das berühmte Zitat von Margaret Thatcher 1987: „So etwas wie Gesellschaft gibt es nicht. Es gibt nur einzelne Männer und Frauen und ihre Familien. Keine Regierung kann existieren, ohne dass die Menschen zunächst für sich selbst sorgen."
Und es gibt sie doch: die Gesellschaft
Nach wie vor ist sie für den Einzelnen wichtiger als der Einzelne, das spürt man am zunehmenden Isolationsgefühl. Eine Leipziger Abiturklasse erarbeitete arbeitete dazu interessante Erkenntnisse: gemeinsam mit dem Schweizer Journalisten Roger Brunner schauten sie sich das Schweizer Demokratie-Modell als Idee für Deutschland an. Dort in der Schweiz ist man stolz auf die direkte Demokratie. In Deutschland dagegen nimmt die Unzufriedenheit stetig zu. In der Schweiz müssen Sachfragen solange diskutiert werden, bis eine Einigung zustande kommt, es wird nicht abgestimmt.
Die Abiturienten meinten: die Schweizer Demokratie polarisiert nicht so stark wie die deutsche. 9 von 10 Schülern und Schülerinnen des Leistungskurses Geschichte stimmen für die Einführung der Schweizer Zauberformel (je 2 Mitglieder der drei stärksten Parteien und 1 Mitglied der viertstärksten entscheiden). Sieben waren willens, in Deutschland sofort Volksinitiativen einführen. Als Beispiele nannten sie: Tempolimit auf der Autobahn, schnellerer Kohleausstieg, Verbot von Inlandsflügen, Mietendeckel, Rentenreform, Anspruch auf kostenlose Alterspflege, Beendigung der Debatte um Atomkraft, kostenlose Pflegeprodukte für Frauen.
Wen der Beitrag interessiert: https://www.3sat.de/gesellschaft/politik-und-gesellschaft/die-beste-demokratie-der-welt-100.html
Letztlich geht es den Jugendlichen bei diesen konkreten Beispielen auch um Sicherheit, die ihnen wichtiger ist als Freiheit.
Schaut man sich an, in welchem sozialen Klima wir Älteren eigentlich aufgewachsen sind: Unser Vorbild ist die Großelterngeneration, also Menschen die zwischen 1900 und 1910 geboren wurden und zwei Weltkriege miterlebten. In allen Generationen ist es ja so, daß Meinung und Lebenshaltung der Eltern wenig gilt, die der Großeltern aber geehrt wird. Unsere Großeltern lebten nachhaltig - eigentlich muß das in Großbuchstaben NACHHALTIG geschrieben werden.
Die Eltern dagegen lebten zur Wirtschaftswunderzeit, mit Freßwelle und überbordendem Reichtum an Konsumgütern.
NACHHALTIG: den Kochlöffel in der Mitte hat meine Oma als junge Frau aus ihrer Heimat mit nach Frankfurt gebracht, da sah er noch so aus wie der Kochlöffel rechts. Links ein Kochlöffel im Zwischenstadium. PS: das Holz das ich als Kind im Kartoffelbrei mitgegessen habe, hat mir offenbar nicht geschadet...
Da wir aber naturgemäß eher die Lebensweise der Großeltern zum Vorbild nehmen, wurde aus uns die Erste Generation im Kampf um die Umwelt.
Aber warum zum Teufel kommen wir nicht wirklich weiter? Man bekommt den Eindruck, daß die Bundespolitik eine grüne Partei nur zu dem einen Zweck unterhält, um sich nach nur drei Jahren Ampel-Regierungszeit einen billigen Sündenbock für die Fehler aus 32 Jahren CDU-Regierung zu halten. Weder Klimakleber noch Baumbesetzer können irgendetwas NACHHALTIGES in Gang setzen.
Dazu braucht es mehr. Und was kann es Nachhaltigeres geben als eine funktionierende Gesellschaft?
Beispiele finden Sie m Septemberheft 2025 und in unseren Vereinsporträts, viel Spaß und Eigeninitiative wünscht Marieta Hiller
Weiterlesen zum Thema:
Lesetipp: Markus Brauckmann, Die 1. Generation, März 2025, 25,- ISBN 978-3-421-07037-1
Beispiele für die Nachhaltigkeit unserer Großeltern - und die Fehler unserer Eltern: im Jahrbuch "Spinnstubb 2.0 No. 4 / 2024" von M. Hiller
Exkurs: Der Weltraum - unendliche Weiten* - wie zukünftige Gemeinschaften aussehen könnten...
An der TH und der FH Darmstadt liegt der Schwerpunkt der Studiengänge auf dem MINT-Bereich (Mathematik Informatik Naturwissenschaft Technik). Hinzu kommt, daß Darmstadt bereits 1967 ein leistungsfähiges Rechenzentrum hatte (Datenverarbeitung mit Lochkarten!). Forschungseinrichtungen wie Eumetsat, ESA und FTZ (Fernmeldetechnisches Zentralamt) siedelten sich in Darmstadt an.
Grundlage ihrer Arbeit sind statistische Erhebungen und ihre Auswertung. So wird in Darmstadt europaweit "das Wetter gemacht": Satelliten umkreisen die Erde und senden gewaltige Datenmengen zu den Bodenstationen, aus denen Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes DWD die statistische Wahrscheinlichkeit von Wetterereignissen errechnen können. Die Forschung zahlt sich aus: jeder in die Forschung investierte Euro zahlt sich mit 20 Euro Nutzen für Wirtschaft und Bevölkerung aus. Die aktuellsten Wetterdaten werden kostenlos an den Wetterdienst übermittelt, für Unternehmen kosten die Daten der ersten 24 Stunden Geld. Afrika erhält alle Daten kostenos, um dort Unterstützung zu leisten.
Mit diesem Netz an Datensammlungen entstand ein Klimaarchiv der letzten 40 Jahre. Nicht nur Wetter, sondern auch Erfassung von Ozean-Fischbeständen, Luftverschmutzung, Ozonschicht, Stürme, Brände, Tsunamis - alles wird zur Verfügung gestellt. Das Ansteigen der Meeresspiegel kann mit 3-4mm Genauigkeit erfaßt werden. Auch die Vorhersage von Gewittern wird stetig verbessert, so kommen hier Kameras mit 1000 Bildern pro Sekunde zum Einsatz.
Ohne Statistik wäre diese Datenmenge nicht nutzbar. Wissenschaftler setzen sie rund um die Uhr 24/7 um.
Neben solch hilfreichen Statistiken wie dieser hier: "die nächste Spinne ist nie weiter als drei Meter entfernt" (hätte ich lieber nicht gewußt) gibt es also tatsächlich auch interessante Einsatzmöglichkeiten für Statistik.
Eine davon - eine fiktive - spielt eine große Rolle im Science-fiction-Roman "Foundation Trilogie" (1951-1953) von Isaak Asimov. Darin geht es um die fiktive Wissenschaft der "Psychohistorik", die mittels Statistik Massenphänomene berechnet, mit deren Hilfe sich zukünftige Entwicklungen recht zuverlässig vorhersagen lassen. Ich habe den Roman nochmals gelesen, weil in einem Deutschlandfunk-podcast von Jennifer Stange "Wenn Science-fiction die Realität trifft - wie sich Tech-Milliardäre die Zukunft vorstellen" davon die Rede war.
Hier heißt es, daß Elon Musk 2018 die Foundation-Trilogie von Isaak Asimov im Handschuhfach eines funkelnagelneuen roten Tesla ins All schoß. Musk pflegt neben seiner rechts-libertären politischen Position einen ausgeprägten Mars-Imperialismus, hat sogar aufopferungsvoll eine größere Spermaspende für steigende Übermenschen-Geburtenraten - zur Besiedlung des Mars? - zur Verfügung gestellt.
Und tatsächlich: die gesamte Galaxis der Foundation-Trilogie wurde von der Menschheit besiedelt. Ureinwohner kommen nicht vor, weder lebendig noch als Relikte. Und es geht im Buch um Massenkontrolle durch eine Elite, geführt von einem einzigen Mann.
Isaac Asimov kann nicht als rassistischer Autor bezeichnet werden, sein Werk entstand jedoch zu Zeiten, als Rassismus "normal" war. Er formulierte sogar die drei Grundregeln für den gesitteten Umgang zwischen Menschen und Robotern. Für seine "Psychohistorik" - ein reines Statistik-Werkzeug - entwickelte er drei Grundsätze:
- eine sehr große Bevölkerungsgruppe ist erforderlich für eine Verhaltensmodellierung - bei Asimov mindestens eine Planetenbevölkerung
- sie darf nicht wissen, welche Ergebnisse die psychohistorische Analyse brachte
- der Mensch ist die einzige intelligente Lebensform in der Galaxis.
Natürlich ist Isaak Asimov auch kein Imperialist, er formuliert in seinem Werk lediglich Möglichkeiten aus, über technologische Entwicklungen, über soziologische Strukturen und ethische Problematiken.
Elon Musk jedoch wird man getrost als Imperialisten bezeichnen dürfen.
Ihm und weiteren Tech-Milliardären, die unsere Daten sammeln, auswerten und uns für ihre eigenen Zwecke optimieren, stehen allein in Deutschland 22,6% der Bevölkerung gegenüber, die sich auch in diesem Sommer keine Urlaubsreise leisten konnten.
Ihm und den anderen stehen die Menschen gegenüber, die sich um die Klimakrise sorgen - doch ihnen kann ein Rat erteilt werden: Wer die zunehmenden Probleme durch den Klimawandel nicht haben möchte, der kann nach USA auswandern, dort gibt es nach Aussage offizieller Quellen keinen! Oder auf den Mars...
Gute Reise! Marieta Hiller
* So beginnen die Episoden von Startrek. Übrigens: Startrek-Erfinder Gene Roddenberry ließ sich von Isaak Asimov beraten - und für alle Startrek-Schiffsbesatzungen gilt die oberste Direktive "Niemals eine fremde Kultur beeinflussen" - weniger Imperialismus geht gar nicht...
Lesetipps
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- Abenteuer Stratosphäre: Jugendliche des Heppenheimer Starkenburg-Gymnasiums schicken Ballon fast bis ins All
- Digitaltag 2025: Kostenfreie Hybrid-Vorträge an der KVHS - Nachbericht - "Desinformation, deep fakes und ARD-Faktenfinder"
- und natürlich meinen Fortsetzungs-Beitrag "Die Angst der Tech-Milliardäre ..." - hier finden Sie auch den Beitrag "die neue Armut und die Tech-Milliardäre"
Sommer 2025: Eine Redensart und ihre Herkunft: „Nach uns die Sintflut“
„Nach uns die Sintflut“ ist ein Zitat, von dem kaum jemand weiß, von wem es ist. Alle wissen aber, was damit gemeint ist: rücksichtslose Ausbeutung von Ressourcen. Das Zitat stammt von Karl Marx (Das Kapital. Band I (1867): „Après moi le déluge! ist der Wahlruf jedes Kapitalisten und jeder Kapitalistennation.“ Und während Greta Thunberg uns vor einigen Jahren zurief "How dare you!" sind inzwischen alle wieder zur Normalität übergegangen. Die Welt hat Wichtigeres im Blick als Klimakleber, die sowieso allen nur auf die Nerven gehen. Wie bequem ist es für uns, die wir nicht zum Globalen Süden gerechnet werden, einfach alle Warnungen zu ignorieren! Wir kaufen Bio und Unverpackt, tragen unsere nachhaltig produzierte Kleidung lange und glauben an das "Große Recyceln". Wie Letzteres tatsächlich aussieht, erklärt uns die "Plastik-Anstalt": https://www.zdf.de/video/shows/die-anstalt-104/die-anstalt-vom-27-mai-2025-100.
Im letzten Heft (Juniheft 2025) ging es um Mülltrennung, an dieser Stelle soll es um unsere Einstellung dazu gehen, wie Klimaerwärmung wirklich bekämpft werden könnte. Könnte, denn die Klimaziele reichen bei weitem nicht aus und werden überall auf der Welt von der Politik zugunsten der Wirtschaft unterlaufen. Seit Beginn des Neo-Liberalismus in den 1990er Jahren warnen Wissenschaftler vor der Übernutzung unserer Ressourcen - meist ungehört. Forscher, die längst überholte Modelle für Klimaziele einsetzen, erhalten für ihre Wirtschaftsverträglichkeit den Nobelpreis (William D. Nordhaus, er errechnete 1991 die optimale Emissionsrate zur Bekämpfung des Treibhauseffekts, mit welcher wir im Jahr 2100 einen Anstieg von 3,5 Grad erreichen - und an den wir noch immer glauben).
Doch zurück zu Karl Marx: ihm widmet der japanische Philosoph Kohei Saito sein Buch "Systemsturz". Er prangert unser persönliches Umweltverhalten als "Ablaßhandel" an: mit ordentlicher Mülltrennung und Anschaffung ökologisch-sozial sauberer Produkte beruhigen wir unser Gewissen, und das tatsächliche Problem wird für uns unsichtbar. Denn tatsächlich verlagern wir all unsere ökologischen und sozialen Probleme in fremde Länder oder in die Zukunft.
Justus von Liebig (1803-1873), berühmter Darmstädter und Erfinder von Liebigs Fleischextrakt, war ein Zeitgenosse von Karl Marx (1818-1883), berüchtigter Historiker und Erfinder der Kapitalismuskritik. Liebig entdeckte, daß Bodennährstoffe durch Gesteinsverwitterung entstehen. Das dauert zu lange angesichts der wachsenden Bevölkerung und deren Verlagerung aus der Landwirtschaft zu Werktätigen in den Städten. Liebig kritisierte den Raubbau an den Böden durch die intensivierte Nutzung. Was kurzfristig zur Sättigung aller diente, könne zum Untergang der europäischen Zivilisation führen. Er nannte das Riß im Stoffwechsel, war also einer der ersten Verfechter des Nachhaltigkeitsgedankens. Aber es kam anders: man erfand einfach industriell herstellbares Ammoniak und importierte Guano in rauhen Mengen. Den hatte Alexander von Humboldt (1769-1859), deutscher Forschungsreisender und Begründer des Neu-Humanismus, in Südamerika entdeckt. So rettete man vor 150 Jahren die Ernährungslage für die industrialisierte Welt - und verlagerte die damit verbundene Entsorgung einfach "in ferne Länder". Dort fehlten die Rohstoffe fortan, ganze Bevölkerungen wurden abhängig weil sie sich nicht mehr selbst versorgen konnten. Das ist bis heute so geblieben, und zugleich erhalten diese abhängigen Bevölkerungen des Globalen Südens als Dank von uns unsere Müllberge und guten Ratschläge. Kohei Saito spricht von ökologischem Imperialismus.
Sein Buch "Systemsturz" ist allen sehr zu empfehlen: nicht nur den "kleinen Leuten auf der Straße", also uns, sondern vor allem Shareholdern, Wirtschaftsmagnaten und von diesen abhängigen Politikern. Aber ob die ein Buch in die Hand nehmen? Ein Buch, das ihre Lebens- und Handlungsweise scharf kritisiert....
Lesetipp
Kohei Saito: Systemsturz. Der Sieg der Natur über den Kapitalismus, 2024 - ISBN 978-3-423-35242-0.
M. Hiller