Falsche Frage: was kostet die Energiewende?

David Volk, Physiker für Nukleare Astrophysik, ist Energieberater für Großabnehmer. Der Freiberufler (Envision Solutions) stellt dazu Gebäudesimulationen und Datenanalysen an und macht Projektentwicklung für Energiesysteme. Im September 25 hielt er einen aufschlußreichen Vortrag beim Klimabündnis Bergstraße. Volk ist unabhängig, ohne Unternehmensbindung, und betreut als Energieberater keine Wohngebäude, nur Industrie.

David Volk stellte allgemeine Zahlen vor in bezug auf Energiewende, Wärmeplanung und Heizungsgesetz (wobei "Heizungsgesetz" der Populistenbegriff für die richtige Bezeichnung Gebäudeenergiegesetz GEG ist).

Im Rahmen seines Vortrages warf er Folgendes in die Diskussion:

"Die falsche Frage ist: was kostet uns die Energiewende? Vielmehr muß die richtige Frage lauten: was kostet es uns wenn wir die Energiewende nicht machen?"

Dazu stellte er die grobe Rechnung auf: die Kosten für die Energiewende belaufen sich auf ca. 1,2 Billionen Euro. Die Kosten für Weiternutzung von fossilen Energiequellen kostet uns jährlich 81 Milliarden Euro. Somit liege die Amortisationszeit für die Energiewende bei 14,8 Jahren!

Damit verbunden wären volkswirtschaftliche Vorteile: regenerative Energienutzung ist dezentral, das Geld bleibt im kleinräumigen Wirtschaftskreislauf, heimische Betriebe erhalten Aufträge. Auf den Einwurf, daß ja schon lange nicht mehr alle Geräte in Deutschland hergestellt werden, konterte Volk: "Wenn wir aber den Strom über die Energiegenossenschaft beziehen, schon.

Christoph Rumler (Energieberater für Privateigentümer - siehe seinen Vortrag beim Klimabündnis Bergstraße im April 2025: "Die private Energiewende der Familie SoWieDu" und im März 2024: "Zeichen für Fortschritte bei den erneuerbaren Energien: Berichte und Diskussionen beim Klimabündnis Bergstraße") erläuterte dazu, daß für eine durchschnittliche Haus-PV-Anlage 20.000 Kosten anfallen. Davon gehen höchstens 2000–3000 Euro nach China, der Hauptanteil bleibt beim Handwerk in Deutschland. Rumler hat auf seiner Onlineseite https://www.energietransparent.de/einzelthemen einige sehr empfehlenswerte Informationen für Privathaushalte eingestellt:

  • Familie SoWieDu bereitet ihre ENERGIEWENDE vor

  • Energiewenderechner für private Haushalte. Hilfestellung für Umstellungen auf PV-Anlage, Wärmepumpe und Elektroauto. Plausibilisierung von baulichen Sanierungsmaßnahmen

  • Informationen zur Umstellung einer Öl- oder Gasheizungsanlage im Altbau auf Wärmepumpe

  • Beim Umstieg von fossiler zu elektrischer Energie bei Elektroauto und Wärmepumpe ergeben sich deutliche Verschiebungen der Geldströme bei Abgaben und Steuern. Es gibt Gewinner und Verlierer

  • Erfahrungsbericht zur Nutzung zweier Elektrofahrzeuge (BEV) über 10 Jahre und 140.000 km zurückgelegte Strecke

Doch zurück zum Vortrag von David Volk: auch er möchte mit Wirtschaftlichkeitsargumenten überzeugen, anstatt auf ökologischen Notwendigkeiten herumzureiten. Die Energiewende kann ihm zufolge - auch wenn die Politik nicht mehr mitzieht - auf basisdemokratischem Weg vollzogen werden. Jede einzelne Anlage - Photovoltaik, Windenergie, Biogas u.a. - trägt zur Energiewende bei. Diese wird durch ihre dezentrale Struktur wenig von Politikwechseln beeinflußt, einzig die Förderungen können wegfallen und Genehmigungsverfahren (noch) schwieriger gestaltet werden.

Das Umweltbundesamt bietet hier verschiedene Broschüren zum Download an: https://www.umweltbundesamt.de/search/content/heizung%2520and%2520mit%2520and%2520erneuerbaren%2520and%2520energien%2520and%2520umbauen?keys=Heizung%20mit%20erneuerbaren%20Energien%20umbauen

So muß eine private Heizanlage langfristig auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Das ist abhängig von der Größe der Gemeinde (in Gemeinden über 100.000 Einwohner liegt der Stichtag auf dem 1. Juli 2026, bei Gemeinden unter dieser Einwohnerzahl auf dem 1. Juli 2028). Für Neubauten gilt der Einbau einer EE-Heizung sofort (seit dem 1. Januar 2024). Bis zu diesen Fristen dürfen noch Öl- und Gaskessel eingebaut werden, wenn es vorab eine Pflichtberatung zur Wirtschaftlichkeit gab und der Anteil an erneuerbaren Energien steigert sich von 15% ab 2029 auf 60% ab 2040. Alte Ölkessel aus der Zeit vor 1991 müssen sofort ausgetauscht werden. Ab 1. Januar 2045 herrscht das absolute Betriebsverbot. Es gibt also Übergangsfristen sowie auch Härtefallregularien. Keinesfalls wäre "der Habeck morgen gekommen um Ihre Heizung rauszureißen" wie das von entsprechenden Medien gepusht worden war.

Es gibt, so David Volk weiter, auch keinen Wärmepumpenzwang und keinen Anschlußzwang an eventuell vorhandene Wärmenetze.

Wo es ein Wärmenetz gibt, hat der Anschluß Vorteile: die Verantwortung liegt beim Betreiber, einfache Technik, keine Einheit im Keller. Nachteile: Preisschwankungen und Mindestabnahme im Sommer, keine freie Anbieterwahl. Wärmenetze können industrielle Abwärme nutzen oder über Fernwermeheizkraftwerke betrieben werden. 

Infos: Leitfaden Wärmeplanung UBA / BAFA Plattform für Abwärme, sortiert nach Gemeinde. Bei Interesse kann man auch den Netzbetreiber anfragen.

Wärmepumpen: diese zukunftsfähigste Technologie ist einfach einzubauen und erfüllt das EEG - sofern kein Kohlestrom eingesetzt wird. Probleme: Vorlauftemperatur zu hoch, evtl. Stromverbrauch. Abhilfe läßt sich durch Anpassung der Heizkörper erzielen, durch Flächenheizungen sowie die Trennung von Warmwasserbereitung und Heizung. Klimasplitgeräte können im Sommer kühlen, sie sind gut geeignet für die Übergangszeit und als Ergänzung. Lesen Sie dazu auch den Bericht über den Vortrag von Sebastian Valouch beim Klimabündis Online „Wärmepumpe im Altbau“, der am 22. Oktober 2025 online wiederholt wird (Anmelden: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.). Wärmepumpen geben Kälte an die Umwelt ab und benötigen wenig Strom, haben wenig Wärmeverlust. Sie sparen inzwischen etwa ein Drittel der in Deutschland für Wärme eingesetzten Energie.

Weitere Heizmöglichkeiten sind Stromdirektheizung (nicht sehr effizient, bei Alleinbetrieb strenge Regeln), elektrische Fußbodenheizung, Solarthermie (nicht als alleiniger Wärmeerzeuger einsetzbar, inzwischen ineffizienter als PV und WP), Biomasse / Wasserstoff (Biogas ist regional gut erhältlich, gute Preise. Ab 2029 vermutlich sehr teuer / Grüner Wasserstoff in Gaskesseln oder Brennstoffzellen, künftig Verteilnetze geplant, teils Weiterverwendung der bestehenden Gasnetze / Blauer Wasserstoff: Reformation von Gas mit anschließendem Co2 Capture (lesen Sie dazu hier genauer nach: BECCS (Bioenergy with Carbon Capture and Storage - deutsch: Bioenergie mit CO2-. Abscheidung und -Speicherung sowie NETs Negativemissionstechnologien in meinem Beitrag "Die Angst der Tech-Milliardäre" ...) - Hinzu kommt, daß Wasserstoff teuer ist und für andere Anwendungen benötigt wird / feste Biomasse (Feinstaubbelastung, und um deutschlandweit flächendeckend mit Holz zu heizen, werden 85 Mio ha Wald benötigt, das ist 7,5x die Fläche Deutschlands!).

Interessant war David Volks Anmerkung, daß Nachtspeicheröfen heute wieder sinnvoll werden können, um Nachtstrom für Speicher zu nutzen. Dazu müßte jedoch erst der Tarif geändert werden. Niemand bezieht Strom zu 36 Cent, um seinen Speicher zu laden, wenn er für die Abgabe von Strom weniger als 8 Cent bekommt.

Insgesamt attestiert Volk der Wärmepumpe die beste Möglichkeit. Voraussetzung ist, daß sie nicht mit Umweg über EE-Fuels o.ä. betrieben wird.

Er empfielt unbedingt die Beratung durch einen Energieberater: dieser kann alle Möglichkeiten durchrechnen, feststellen ob die EE-Pflicht erfüllt wird und ggf. einen Zeitplan erstellen.

Volk: „Aus wirtschaftlicher Sicht ergibt Kernkraft keinen Sinn“

AKWs haben extrem hohe Gestehungskosten, die nicht exakt beziffert werden können. Günstig erscheint Atomstrom nur deshalb, weil z.B. AKWs in Frankreich subventioniert werden und es dafür eine Pflichtabnahme gibt. So kann für 2,3 Mrd. Euro "günstiger" Stromimport von 31,9 Twh gelingen. Im gleichen Zeitraum wurden für 51 Mrd. Euro Mineralöl und für 19 Mrd Erdgas sowie für 5 Mrd Euro Braunkohle importiert. 30% des Schiffsverkehrs ist ausschließlich mit dem Transport fossiler Energien beschäftigt.

Der Schwerpunkt für eine klimaneutrale Zukunft liege also deutlich auf Elektrifizierung, Ausbau der Netze, Smart-Meter! Batteriespeicher. Dafür spricht auch, daß es - entgegen neuer politischer Behauptungen - deutliche Anstiege an Invest in Zukunftstechnologien gibt und Banken / Versicherer Geld bzw. Versicherungen nur noch geben, wenn nachhaltig gewirtschaftet wird. "Die Richtung ist klar, Politik, Ölindustrie, Autoindustrie und Trump können nichts dagegen tun. Lösungen sind vorhanden." Wenn Wirtschaftsministerin Reiche die gesamtgesellschaftlichen Kosten für Fossilstrom unterschlägt, ist dies nicht redlich.

Christoph Rumler warf als "Argument" in die Diskussion "wo soll der ganze Strom herkommen?" und führte zur Klarstellung aus, daß Endverbraucher einen überhöhten Preis für Strom zahlen (merit order, Reihenfolge der Vorteilhaftigkeit). Ironisch meinte er "Wir zahlen sowieso den Gaspreis, also können auch Gaskraftwerke gebaut werden". Der Strompreis läßt sich seiner Meinung nach nur durch den Austritt aus dem merit order Prinzip erreichen. Aktuell haben wir in Deutschland 250 GigaW Erzeugungskapazität, davon für die Stromversorgung benötigt werden 40-80 GW. Wenn alle Haushalte mit Wärmepumpen geheizt würden, wären es 28 GW mehr. Würden alle Autos elektrisch betrieben, wären es weitere 12 GW mehr. Beides wäre also vermutlich ohne Versorgungsengpässe machbar. Aber "wer sich für eine Wärmepumpe entscheidet, muß Windkraft dazuverlangen." Denn: Photovoltaik auf dem Dach kann im Winter nicht den Strombedarf der Wärmepumpe decken. Dazu merkte Michael Schwarz (auch er hielt bereits einen Vortrag beim Klimabündnis) an: auch mit Speicherkapazität kann man über den Winter kommen. Damit meinte er nicht, daß wir unsere Garagen voll Speichermodule packen sollen, sondern ein prinzipielles Umdenken.

Mehr zum Vortrag von David Volk sowie den anderen hier zitierten Referenten finden Sie ständig aktualisiert in meinem Beitrag "Klimabündnis: Aktuelles".

Marieta Hiller, im September 2025

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