Unter dem Marbach-Stausee

Den riesigen Stöpsel am oberen Ende des Stausees sieht jeder, aber wie sieht es darunter aus? Eine der spannendsten Exkursionen veranstaltete die IGO 2012 unter der Leitung von Dr. Rolf Reutter. Es ging nämlich UNTER den Stausee!
Wie zahlreiche historisch angestaute Seen oder Teiche im Odenwald eignete sich der Platz des heutigen Stausees hervorragend, um Betriebswasser für die Eisenhämmer im Tal vorzuhalten. Wo heute die B 460 auf die B 45 trifft, liegt ein altes Industriegebiet, dessen Ursprung sicherlich ein solcher Eisenhammer.
Foto der Baustelle, als der Stausee neu angelegt wurde
Von 1978 bis 1982 baute man den Erdstaudamm, der außen durch Asphaltbeton verstärkt ist. 1985 ging der Staudamm zum Zweck der Energieerzeugung in Betrieb. Eine Druckstromturbine fördert seit 1993 aus 8,2 m Tiefe 300 l/sec. und erzeugt pro Jahr 300.000 kWh. Wirtschaftlich ist dieser Betrieb nur, weil die Kosten für die Schieber ohnedies anfallen. Die EU schränkt die Wasserkraftnutzung stark ein, um den Lebensraum Gewässer zu erhalten.
Zur Untergrundprüfung muß der See alle zehn Jahre (zuletzt 2015) total entleert werden, er enthält kaum Schlamm.
Die Turbinenanlage für den Marbach Stausee

Druckstromturbine zur Energieerzeugung
Die Pegelhöhe von 262,2 müNN wird konstant gehalten, am Nordhang wird permanent die Grundwasser-Pegelhöhe geprüft, ob sie 265 müNN beträgt. Nur so können die Druckverhältnisse sicher gehalten werden. Die Wand ist zwar dicht versiegelt, aber zu hoher Druck könnte sie zermürben. Solange der Grundwasserdruck höher ist als der Seedruck, ist dies gewährleistet. Die Gesamtfläche des Stausees beträgt 2700 Meter in der Länge und zwischen 110 und 240 Meter in der Breite. Der Ablauf beträgt mindestens 200 l / sec, maximal 3,5 Kubikmeter / sec. Steht mehr Wasser an, setzt die Rückhaltefunktion des Beckens ein. Bei einem Pegel über 266 müNN muß die Anlage 24 Stunden besetzt sein, sonst erfolgt nur Stichprobenüberwachung.
Und jetzt zum spannenden Teil: wo man sonst nicht hinkommt - in den Tunnel unter dem See!
Dieser Tunnel beginnt im Dienstgebäude am südlichen Ende der Staumauer und führt bis unter den Überlauf, hier führt eine Leiter 15 m in die Höhe. Diese Leiter darf nur mit Kletterausrüstung von Mitarbeitern benutzt werden. Die Exkursionsteilnehmer durften jedoch durch die gesamte Länge des Tunnels ca 50 Meter bis zum Überlauf gehen.

Schieber für Wasserüberlauf

Blick durch den Tunnel Richtung Westen (Überlauf)

Blick durch den Tunnel Richtung Osten (Einstieg)
2011 wurde der See von der EU als Badesee mit ausgezeichneter Wasserqualität eingestuft.

ein geheimnisvolles Kästchen - was hier wohl gesteuert wird?

Überwachungstafel für die Pegelstände
Einmal im Jahr, seit 2009, treffen sich am Marbach-Stausee Musikfans zu Sound of the Forest - ein weit über die Region bekanntes Musikfestival, das jedes Jahr neue Odenwaldfreunde hervorbringt!
Marieta Hiller, im Februar 2018
Ergänzung 2025:
Im Oktoberheft 2025 hatten wir folgendes ergänzt und eine Leserfrage daraus gemacht: Wasserkraft aus 709.000 m3 Wasservolumen -
Das umfaßt der normale Speicherraum. Bei Vollstau können im See 3,11 Millionen m3 Wasser gespeichert werden. Das Marbach-Wasserkraftwerk liefere laut Wikipedia 80 kW (https://de.wikipedia.org/wiki/Marbach-Stausee, keine Zeitangabe - paßt nicht zu den 300.000 kWh jährlich - vielleicht kann jemand aus unserer Leserschaft dieses Rätsel auflösen! Einfach Mail an
Mit 80 kW kann man 80 Waschmaschinenfüllungen waschen oder Spülmaschinenfüllungen spülen, eine Woche lang zehn Stunden täglich Fernsehgucken, Mittagessen für 80 Personen kochen, das ist also gar nicht sooo wenig.
Dagegen wird für Künstliche Intelligenz und Kryptowährungen in Deutschland soviel Strom verbraucht wie eine Großstadt braucht (https://www.bdew.de/online-magazin-zweitausend50/groesse/ki-und-kryptowaehrungen-energiehunger/). Global verdoppelt sich der Strombedarf durch KI bis 2030. META (u.a. facebook, Instagram, whatsapp) hat sich für seine Rechenzentren langfristig Atomstrom gesichert, und auch Google kauft Mini-Atomkraftwerke. Der Bedarf in Deutschland liegt bei ca. 460 Terawattstunden, das sind 460.000.000.000 kW, also 5.750.000.000 mal die Leistung des Marbach-Kraftwerkes. Und Ihnen jetzt nach Abkühlung zumute ist: wenn Sie im Marbach-Stausee schwimmen gingen, dann würden Sie in 15 Minuten 150-200 kcal verbrauchen. Leserfrage: wieviel Watt wären das? Marieta Hiller
Energieerzeugung Wasserkraftwerk Marbachstausee - die Antworten!
Auf unsere Fragen zum Wasserspeicher Marbachstausee antwortete uns Herr Leipold aus Jugenheim freundlicherweise:
"In dem Artikel über die Energieerzeugung mit dem Wasserkraftwerk Marbachstausee zitieren Sie Wikipedia mit der Angabe einer Erzeugungsleistung von 80 kW. Das erscheint mir zu der der anderen Angabe einer Erzeugungsenergie von 300.000 kWh im Jahr durchaus plausibel.
Wenn das Wassserrkraftwerk ein Jahr lang ohne Unterbrechung ständig mit seiner Nennleistung von 80 kW produziert, dann wird folgende Energiemenge in einem Jahr produziert: 80 kW ergeben in einer Stunde 80 kWh, also an einem Tag (in 24 Stunden) 80 kWh x 24 = 1.920 kWh. Und in einem Jahr mit 365 Tagen: 1.920 X 365 = 700.800 kWh.
In der Praxis läuft ein Kraftwerk nicht ein ganzes Jahr lang auf Höchstleistung, da gibt es Reduzierungen z.B. durch Wassermangel, oder Stillstandszeiten durch Reparaturen und planmäßige Wartungen, so dass der theoretische Höchstwert in der Praxis nicht erreicht wird."
Auch die zweite Frage konnte Herr Leipold beantworten:
"der Schwimmer im Marbachstausee verbraucht in 15 Minuten (in 0,25 Stunden) eine Energie von 150 bis 200 kcal, das sind 174 bis 233 Wh. Die Wärmeleistung, die er erbringt, beträgt also 174 Wh / 0,25 h = 696 W bzw. 233 Wh / 0,25 h = 932 W."
Besten Dank dafür - die Redaktion